Archiv für Wahlverfahren

d’Hondt-Verfahren

Auch dieses Verfahren ist unter verschiedenen Namen bekannt, so als Hagenbach- Bischoff-Verfahren oder Jefferson-Verfahren. Für das Verfahren gibt es mehrere Varianten, die aber, obwohl unterschiedliche Algorithmen zugrunde liegen, immer das gleiche Ergebnis hinsichtlich der Sitzzuteilung liefern, verbreitet sind insbesondere das d’Hondtsche Höchstzahlverfahren, das Divisorverfahren mit Abrundung und das Quasi-Quoten-Verfahren von Hagenbach-Bischoff. Beim Höchstzahlverfahren werden die Stimmen der Parteien nacheinander durch 1,2,3,… dividiert, unter den sich daraus ergebenden Zahlen wird jeweils die höchste herausgesucht, wofür die entsprechende Partei ein Mandat erhält, das nächste Mandat wird für die zweithöchste Zahl vergeben usw. bis alle Mandate vergeben sind. Beim Divisorverfahren werden die Stimmen der Parteien durch eine geeignete Zahl dividiert (diese Zahl repräsentiert die Größe ‚Stimmen pro Sitz‘), danach wird abgerundet und das Ergebnis ist die Anzahl der Mandate der jeweiligen Partei. Nach Hagenbach-Bischoff erfolgt zunächst eine Grundverteilung, indem die Stimmen der Parteien dividiert werden durch die um 1 erhöhte Anzahl der Gesamtstimmen, das Ergebnis wird mit der ebenfalls um 1 erhöhten Gesamtsitzzahl multipliziert. Nach Abrundung ergibt sich die Sitzzahl. Allerdings werden mit dieser Variante nicht unbedingt alle Sitze verteilt, der Rest wird dann nach einem Höchstzahlprinzip zugeordnet. Der Nachteil des d’Hondt-Verfahrens besteht in der gelegentlichen Bevorzugung großer Parteien. Bei Bundestagswahlen fand dieses Verfahren seit Gründung der Bundesrepublik bis 1983 Anwendung.

Sainte-Laguë-Verfahren

Dieses Verfahren, auch als Webster-Verfahren und als Methode der ungeraden Zahlen bekannt, wird seit 2009 bei Bundestagswahlen eingesetzt und kommt auch bei Wahlen in verschiedenen Bundesländern zum Einsatz. Von den eingesetzten Algorithmen ähnelt dieses Verfahren dem d’Hondt-Verfahren, allerdings gibt es hierbei – anders als bei d’Hondt – keine eventuelle Bevorzugung großer Parteien und auch die beim Hare-Niemeyer-Verfahren möglichen Probleme, etwa das Alabama-Paradoxon, sind ausgeschlossen. Auch bei diesem Verfahren führen mehrere Varianten, das Höchstzahlverfahren, das Rangmaßzahlverfahren und das Divisorverfahren mit Standardrundung zum identischen Ergebnis hinsichtlich der Sitzzuteilung. Beim Höchstzahlverfahren wird hier durch die ungeraden Zahlen 1,3,5,… oder alternativ dazu durch 0,5 – 1,5 – 2,5 – … dividiert, danach werden wieder für die daraus sich ergebenden Höchstzahlen bei der höchsten beginnend die Mandate bis zur Erreichung der Gesamtzahl verteilt. Beim Rangmaßzahlverfahren wird der Kehrwert der jeweiligen Höchstzahlen gebildet, dieser Wert ergibt multipliziert mit der Gesamtstimmenzahl die sogenannte Rangmaßzahl. Die Sitze werden dann beginnend mit der kleinsten Rangmaßzahl zugeteilt. Beim Divisorverfahren wird auch hier durch eine geeignete Zahl (Stimmen pro Sitz) dividiert, die Sitzzuteilung erfolgt nach Standardrundung. Bei der Bundestagswahl wird das Divisorverfahren eingesetzt.

 

Hill-Huntington-Verfahren

Das Hill-Huntington-Verfahren ist ein Divisorverfahren, bei dem eine geometrische Rundung erfolgt. Auch hier besteht die Möglichkeit, unter Zuhilfenahme von Höchstzahlen zum gleichen Ergebnis zu gelangen. Das Divisorverfahren lässt sich wie folgt beschreiben. Zunächst wird hier ebenfalls durch einen geeigneten Divisor (Stimmen pro Sitz) dividiert. Das so erhaltene Ergebnis wird dann geometrisch auf ganze Zahlen gerundet, d.h. es wird das geometrische Mittel der beiden Zahlen gebildet (das ist die Quadratwurzel aus dem Produkt der beiden Zahlen), dieses dient dann als Rundungsgrenze. Liegt der bei der Division erhaltene Quotient also beispielsweise zwischen 2 und 3, so wird als Rundungsgrenze die Quadratwurzel aus dem Produkt 2*3 herangezogen, dieser Wert liegt bei rund 2,4495, bei allen Quotienten größer als 2,4495 wird auf-, bei kleineren Werten entsprechend abgerundet. Problematisch ist bei diesem Verfahren, dass die Quadratwurzel aus 0*1 gleich 0 ist, d.h. jede Partei, die einen Quotienten zwischen 0 und 1 erzielt, was bereits gegeben ist, wenn die Partei nur eine einzige Stimme erhält, erhält nach diesem Verfahren einen Sitz. Beim Höchstzahlverfahren der Hill-Huntington-Methode wird nacheinander durch die Zahlen Quadratwurzel aus 0*1, Quadratwurzel aus 1*2, Quadratwurzel aus 2*3 usw. dividiert, danach erhält die Partei mit der größten Höchstzahl einen Sitz, das nächste Mandat wird für die zweitgrößte Zahl zugeteilt usw. bis alle Mandate aufgeteilt sind. Das Ergebnis ist mit dem des Divisorverfahrens identisch. Anwendung findet das Hill-Huntington-Verfahren in den USA bei der Verteilung der Sitzanzahl im Repräsentantenhaus auf die einzelnen Bundesstaaten.

 

Dean-Verfahren

Auch das Dean-Verfahren stellt ein Divisorverfahren dar, wobei in diesem Fall eine harmonische Rundung durchgeführt wird, ein Algorithmus mit Höchstzahlverfahren ist hier ebenfalls möglich. Ausgangspunkt für die Sitzzuteilung ist auch bei diesem Verfahren die Division durch den geeigneten (Stimmen pro Sitz) Divisor. Nun wird beim Dean-Verfahren harmonisch gerundet, es wird also das harmonische Mittel der beiden Zahlen berechnet, auf die auf- oder abgerundet werden soll und damit die Rundungsgrenze festgelegt. Das harmonische Mittel ergibt sich aus dem Kehrwert des arithmetischen Mittels der Kehrwerte der beiden Zahlen. Wenn der Quotient etwa zwischen 2 und 3 liegt, wird eine Rundungsgrenze von 2,4 herangezogen, da das der Kehrwert ist von (1/2 + 1/3):2 = 5/12. Da das harmonische Mittel von 0 und 1 gleich 0 ist, ergibt sich auch bei diesem Verfahren, dass jede Partei, wenn sie wenigstens eine Stimme erhalten hat, einen Sitz zugeteilt bekommt. Beim Höchstzahlalgorithmus werden beim Dean-Verfahren die Stimmenzahlen der Parteien nacheinander durch die harmonischen Mittel von 0 und 1, 1 und 2, 2 und 3 usw., also durch 0, 1 1/3, 2 2/5, 3 3/7 usw. dividiert, danach werden die Sitze entsprechend der größten Höchstzahlen den Parteien zugeteilt. Da das harmonische und das geometrische Mittel nicht sehr weit auseinanderliegen und die Differenz immer kleiner wird, je größer die Zahlen sind, sind die Ergebnisse des Dean-Verfahrens oftmals gleich denen des Hill-Huntington-Verfahrens.

Adams-Verfahren

Das Adams-Verfahren, auch als Divisorverfahren mit Aufrundung bekannt, stellt ein weiteres Sitzzuteilungsverfahren dar, auch hier kann ein Höchstzahlalgorithmus angewandt werden. Im ersten Schritt wird bei diesem Verfahren ebenfalls durch einen für geeignet gehaltenen Divisor (Stimmen pro Mandat) dividiert, danach wird das Ergebnis in jedem Fall aufgerundet. Wird dabei nicht die exakte Anzahl der Mandate zugeteilt, muss der Divisor entsprechend verändert werden. Als Höchstzahlverfahren wird hierbei durch die Zahlenfolge 0,1,2,3,… dividiert, danach werden die Sitze entsprechend den größten Höchstzahlen verteilt. Durch die Aufrundung bzw. im Falle der Höchstzahlen durch die erste Division durch 0 erhält auch bei diesem Verfahren jede Partei, die mindestens eine Stimme erhalten hat, wenigstens einen Sitz, da ja das Ergebnis der Division durch 0 gleich Unendlich ist und somit alle Parteien, die Stimmen erhalten haben, die gleiche größte Höchstzahl haben.
Das Adams-Verfahren wird in Frankreich für die Verteilung der Abgeordnetenmandate der Nationalversammlung auf die Départements verwendet, wobei dabei noch die Besonderheit gilt, dass jedes Département wenigstens 2 Mandate erhält.